2014 realisiert Urbane Künste Ruhr bereits zum zweiten Mal zusammen mit internationalen Künstlern Lichtkunstarbeiten im öffentlichen Raum – in diesem Jahr in Hamm.
Fünf Künstler(kollektive) – LAb|au|, plastique fantastique, RaumZeitPiraten, Sans façon und Jun Yang – wurden eingeladen, den urbanen Raum in und um die Stadt Hamm zu untersuchen.

Als Festivalzentrum dient der Infopavillon, der als Startpunkt des Parcours ausgelegt ist und eine Ausstellung der Künstler und ihrer Arbeiten zeigt. Eine Rauminstallation verleiht dem seit Jahren leerstehenden Verwaltungsgebäude ein neues Erscheinungsbild und sensibilisiert den Besucher für den Umgang mit Licht und Raum.
Ein Leitsystem an den Straßenlaternen führt die Besucher durch den Parcours zu den Arbeiten im Stadtraum.

KONZEPT

(Auszug aus der Thesis)

Gestalterische Übersetzung

Licht ist ein umfassendes Thema, das auf den ersten Blick klar definierbar zu sein scheint. Unter intensiver Betrachtung zeigt sich jedoch, dass das subjektive Empfinden sehr unterschiedlich ist und die Wahrnehmungen weit auseinander gehen. Selbstverständlich gibt es eine eindeutige physische Bezeichnung, der es jedoch dieser keiner großen Beachtung bedarf. Die unterschiedlichen Antworten auf die Frage: „was ist Licht“ deuten darauf hin, dass Licht nicht in seiner Gesamtheit zu definieren ist. Der Raum für Interpretationen ist zu groß. Diesen Zustand, der ungenauen Definition von Licht, habe ich als Aufhänger für meinen gestalterischen Ansatz genutzt und gleichgesetzt mit dem der gestörten Wahrnehmung. Diese lässt sich in Bezug auf die Gestaltung mit Schlagworten wie unklar, verschwommen und semitransparent übersetzen.

Meinen Fokus lege ich auf das Thema der Transparenz, welche eine Reihe von Verknüpfungen mit sich bringt, die den Charakter des Zustandes eindringlicher beschreiben. Überlagerung, Layer, das Erahnen von etwas hinter einer semitransparenten Fläche, sowie die partielle Verdichtung sind wichtige Bezugspunkte zwischen der gestalterischen Ebene und der thematischen Auseinandersetzung der unklaren Definition von Licht. Sie beschreiben sehr treffend den Zustand der emotionalen Beziehung zu Licht.

Pavillon

Der Pavillon  nimmt eine neue  räumliche Struktur an und  verändert  seine  Parameter.  Statt  der  üblichen Bürowände  ragen  Stahlrahmen,  bespannt   mit einer weißen semitransparenten Folie, vom Boden  bis zur Decke. Rahmen für Rahmen zieht sich ein durchgehendes  Band  durch  das  Erdgeschoss und definiert den Grundriss in seinen Ausmaßen neu.

Die Transparenz  erlaubt  ein Spiel zwischen Verdichtung  und  Durchlässigkeit,  in  dem  das  System  um weitere Layer ergänzt wird. Hinter der vorderen Rahmenreihe  verbergen   sich  weitere  Rahmen,  dessen Outlines sich auf der vorderen Wand abzeichnen und ihre Existenz nur wage erahnen lassen.

Nicht nur senkrechte und waagrechte  Stege  prägen maßgeblich das  Erscheinungsbild, sondern  auch die eingeschränkte Sicht durch Überlagerung der Folien-schichten.

Akzente  setzt  das  einfallende  Sonnenlicht, das  die architektonische  Beschaffenheit  der Fenster  auf die Folie projiziert und eine entscheidende Rolle in der In- stallation einnimmt. Das Licht unterstützt die gestörte Raumwahrnehmung und verbindet die Architektur mit der Rauminstallation zu einem Raumerlebnis. In den Abendstunden wird dieser Eindruck nicht mehr durch die Sonne, sondern mit Hilfe von Kunstlicht vermittelt. Die Installation lässt  die  wahren  Raumgrenzen  nur vermuten und suggeriert  dem Besucher  einen völlig neuen   Raumeindruck.  Die  gestörte   Wahrnehmung nimmt den  Gedanken  der  unklaren  Definition von Licht wieder auf und überträgt diesen in den Raum.

Informationsträger

Neben  der  Raumatmosphäre   integriert  sich  die begleitende Raumstruktur als eine weitere Ebene in das Gestaltungskonzept. Sie dient als Informationsträger der Ausstellungsinhalte und bildet das raumübergreifende Gestaltungselement zum Orientierungssystem.

Die Informationsträger sind einer Skulptur ähnlichen  Struktur  nachempfunden,  welche  die cha- rakteristischen   Merkmale der  Stahlrahmen  aufnimmt und entsprechend übersetzt.

4 unterschiedlich  große Stahlrahmen  verschmelzen zu einem Objekt, das  in Augenhöhe  an den raumhohen  Rahmen befestigt  ist und Zwischenraum generiert,  in dem  eine  mit Ausstellungsin- halten in Form von Text oder Bild gedruckte  Folie eingespannt ist. Je nach Umfang der Themen sind alternativ einige Flächen mit einer farbigen, trans- parenten  Folie versehen. Diese farbigen Flächen bilden den Übergang zum Orientierungssystem in der Stadt.

 

Orientierungssystem

Die Informationsträger wandern aus dem Pavillon in den  Stadtraum  und  verändern  lediglich ihre Funktion und nicht ihre äußere Gestalt.

Alternativ zur Ausstellungsinformation integrieren die Rahmen ausschließlich die farbigen, transpa- renten  Folien, die in zwei unterschiedlichen  Farbausführungen  auftreten. Während sie im Pavillon an den Rahmenwänden befestigt sind, integrieren sie  sich  im urbanen  Umfeld an  den  Straßenla- ternen. Diese stellen  eine  Plattform für das  Orientierungssystem dar,  denn  sie  generieren  eine dauerhafte  Lichtquelle, sowie einen regelmäßigen wiederkehrenden Standort, der den Fortlauf eines Systems verspricht.

Als Add-on  gehen  die Informationssysteme  eine Verbindung  mit der  Laterne  ein und  funktionie- ren als gemeinsames System. Während tagsüber  die  farbigen  Folien von der  Sonne  angestrahlt werden, beleuchtet  abends  das  Licht der  Laterne das Rahmenobjekt. Die farbigen Folien, sowie der  farbige  Schatten,  als auch  die  Irritation der ungewöhnlichen   Nutzung  von  Straßenlaternen  stechen  ins Auge und erwecken Aufmerksamkeit bei den Passanten.  Wie bereits erklärt, sucht sich der Mensch Anhaltspunkte, an denen  er sich orientieren kann.

Im Pavillon werden die Besucher  bereits  mit der Formensprache  und  dem  Farbcode  konfrontiert, welcher sich unbewusst  in den Köpfen speichert und verankert. Diese Konditionierung der visuel- len Wahrnehmung reicht aus, um die im Pavillon bereits gesehenen Module im Stadtraum  als Ori- entierungssystem übersetzen  zu können.

Das Leitsystem versteht sich als Orientierungssystem, in dem die Straßenlaternen  die vorgegebene Route definieren, die durch Ablaufen der Laternen verfolgt werden kann.

 

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