Musik und Filme über den Dächern Architekten der Technischen Universität machen Parkhäuser zu Erlebnisräumen |
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DARMSTADT. Grüne
Wiesen in der tiefen Provinz, zugeparkt mit aufgemotzten Autos, in denen
Pärchen kuscheln, für die der Film meist Nebensache ist –
dieses fragwürdige Idyll von Autokinos gehört fast überall
der Vergangenheit an. Auf dem Land sind die Zuschauer rar, und in den
Zentren fehlt der Platz. Der neueste Trend sind Parkdeckkinos. Der Fachbereich
Architektur der Technischen Universität reagiert mit der Reihe
„Nachtdeck I–IV“ auf denWandel des urbanen Raums.Vier Parkhäuser
in vier Quartieren, in denen sich städtebaulich einiges tut, werden
mit Kurzfilmen bespielt und mit chilligen Klängen beschallt. Nebenbei
wird der Blick auf Bürgerparkviertel, Weststadt oder das Technologiezentrum
gelenkt. Der Bau des Wissenschafts- und Kongreßzentrums, die Umgestaltung
des Hauptbahnhofs und der Weststadt mit Europaviertel und TZ Rhein-
Main, dieser städtebauliche Umbruch ist für die Architekten
Anlaß, die neu strukturierten Stadtteile vom Parkdeck aus zu inspizieren.
Der Aufstieg ist mühsam, der Drehwurm ein notwendiges Übel.
In die höchsten Höhen des Parkhauses geht es hinauf, auf dem
sechsten Deck liegt die Endstation |
Party. Das Parkhaus an
der Landwehrstraße ist eine Art Parasit. In die vor 84 Jahren
errichtete, denkmalgeschützte Zeppelinhalle ist das moderne Innenleben
vor sechs Jahren hineingeschlüpft. Eine Art überdimensionale
Garage zum Unterstellen haben die Architekten Fritsch & Schlüter
1999 errichtet. Die Betonkonstruktion fügt sich als grotesker Stilbruch
in die Zeppelinhalle ein, deren expressionistische Fassade Jan Hubert
Pinand 1923 neu gestaltete. Die Halle hat einen weitenWeg hinter sich.
Ursprünglich in Ostpreußen errichtet, zog das Gebäude
1921 nach Darmstadt um und diente lange Zeit als Lager. Die industriell
geprägte Umgebung der Weststadt erspähen die Partygäste
durch die runden Hallenfenster: Schenck produziert gegenüber, Röhm
ein paar Straßen weiter. |
einen weiteren zugefügt.
Bequem sehen die orangefarbenen Ledersessel und die „Loveseats“ aus
Plüsch vor der Leinwand aus. Doch wer sich hineinsetzt, landet
ziemlich unsanft: Die durchnumerierten Sitzgelegenheiten sind nur auf
das Parkdeck projiziert. Als Spiel zwischen Zwei- und Dreidimensionalität
verstehen Rohe und Miklosi ihre Idee. Durchnumerierte Sitzkissen werden
ausgegeben, die 500 Zuschauer folgen brav und suchen sich ihren Kinosessel
auf dem Parkdeckboden. In einem Parkhaus im Bürgerparkviertel ließen
sich Studenten eine Woche zuvor von der geschwungenen Formensprache
von Friedensreich Hundertwassers nah gelegenerWaldspirale inspirieren,
legten Rollrasen aus und verwandelten das Parkdeck in eine Grillwiese.
„Einen anderen Umgang mit solchen Orten finden“ – das ist für Susanne
Lehmann und Oliver Langbein, als Lehrbeauftragte am Fachbereich Architektur
für die Koordination des Projekts zuständig, ein Aspekt der
in Kooperation mit der Centralstation organisierten „Nachtdeck“-Reihe. RAINERSCHULZE |
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Nächsten Samstag laufen Musik und Kurzfilme auf dem Parkhaus an der Bahngalerie, am 30. Juli wird das T-Online-Parkhaus im TZ Rhein-Main bespielt. | ||||||||
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