Architekturstudenten der TH Darmstadt geben dem Lohwald eine neue Chance

"Strategisch weitsichtige Idee" / Preisgekrönter Entwurf plädiert für Umgestaltung mit einem zentralen Platz / Die Siedlung soll aufgewertet werden

Von Wolfgang Fleckenstein

Für ihren sozial ausgerichteten, zukunftsweisenden Entwurf der Umgestaltung der Lohwaldsiedlung in Offenbach sind fünf Architekturstudentinnen und -studenten der Technischen Hochschule (TH) Darmstadt mit dem Ernst-May-Preis der Wohnungsbaugeselischaft Nassauische Heimstätte ausgezeichnet worden.

OFFENBACH/DARMSTADT.  Die im Zweijahresrhythmus vergebene und mit 4000 Mark dotierte Auszeichnung ging an Andreas Bartels, Katharina Brunner, Christof Göbel, Kirsten Kröckel und Antje Veldmann aus Darmstadt.  Die neunköpfige Jury aus wissenschaftlichen Mitarbeitem der TH und Vertretern der Nassauischen Heimstätte bewertete die Arbeit als strategisch weitsichtige Idee.  Es sei gelungen, mit der "Aufwertung des Naturraumes Lohwald' das Image der Siedlung aufzuwerten und dabei gleichzeitig der Stadt Offenbach einen zusätzlichen Erholungsraum zur Verfügung zu stellen.

Ergänzt wird die langfristig angelegte Vision durch eine Reihe von Sofortmaßnahmen, die die Lebenssituation der Bewohner rasch und nachhaltig verbessern kann.  Das Konzept der Arbeit integriert vorhandene Potentiale sowohl in der Siedlung als auch in der Region Offenbach', sagte Professor Stephan Goerner vom Fachbereich Stadtbau- und Siedlung der Technischen Hochschule bei der Preisverleihung.  Die Preisträger schlagen Zeilenbebauung und einen zentralen Platz vor, der auf die Kirschenallee hin orientiert ist.  Vorgesehen sind Wohnblocks und Einfamilienhäuser, sowohl im sozialen Wohnungsbau als auch in Privatinitiative.  Eine eher ferne Illusion skizziert die Belebung dieser umgestalteten Siedlung mit Flohmärkten und einem Stadtteilfest.

Ein Sonderpreis in Höhe von 2000 Mark ging an die Gruppe Sebastian Appl(Darmstadt), Oliver Langbein (Michelstadt) und Anja Ohliger (Frankfurt).  Sie haben, so die Jury, mit Hilfe der Computersimulation ihre Vision von einem offenen, lebendigen Wohn- und Lebensraum, orientiert an amerikanischen Mustern, anschaulich dargestellt.  Außerdem habe die Dreiergruppe dieses Medium phantasievoll als Kommunikationsinstrument eingesetzt.  Geehrt wurden die Verfasser auch für ihre engagierte Zusammenarbeit mit den Jugendlichen aus dem Lohwald.

,Ausbau - Umbau - Abriß?" hieß die Frage an die Studenten, von denen sich die Wohnungsgesellschaft Perspektiven für ihre Siedlung, einen sozialen Brennpunkt, versprach.

An der Lohwaldsiedlung haben sich schon viele Sozialarbeiter und Städteplaner versucht.  In dem von der S-Bahnlinie, dem Neuen Friedhof und einem Gewerbegebiet abgeschnürten Stadtteil im Osten Offenbachs, der aus einer Gartenkolonie entstand und an einen Wald gleichen Namens grenzt, leben 750 Menschen in Wohnblocks.  Diese wurden Anfang der 70er Jahre von der Nassauischen Heimstätte gebaut, sind aber, trotz mehrfacher Renovierungen, inzwischen heruntergekommen.  Rund 70 Prozent der Familien hier sind auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld angewiesen.

Ülber die Jahre ist eine Art Getto-Identifikation entstanden, mit der die Bewohner sich ein provokativ-trotziges Selbstbewußtsein geben wollen, um sich ihre Würde zu erhalten.  Zwar lauten die Straßennamen so blumig wie Kastanienallee oder Kirschallee, aber von Kirschen oder Kastanien ist weit und breit nichts zu sehen.  Statt dessen kennzeichnen brennende Mülleontainer, Schmutz auf den Straßen und Kriminalität das Bild.

Die Stadt Offenbach hat verschiedene Versuche unternommen, dieses Problemgebiet aufzuwerten.  Die Ideen reichen von der sozialen Durchmischung bis zum Plattmachen.  Die Bewohner wurden dann auf verschiedene Stadtgebiete verteilt.  Pläne, danach dort eine EinfamilienhausSiedlung zu etablieren, wurden schon im Rathaus gewälzt und verworfen.

Auch die Nassauische Heimstätte (NH) war schon ein paarmal nahe daran, so deren leitender Geschäftsführer Reinhart Bartholomäi, die Flinte ins Korn zu werfen.  Sind doch alle städtebaulichen und sozialen Unternehmen gescheitert oder von kaum wahrnehmbaren Erfolg.  Zur Zeit versuchen ein Verwaltungsleiter und ein Sozialarbeiter des Siedlungsunternehmens gemeinsam mit Jugendlichen Hand anzulegen Gerüste sind aufgebaut, und die Wohnblocks werden gestrichen; nach dem Motto: Was man selbst gemacht hat, macht man nicht so leicht kaputt.

In diese Richtung zielt auch der Städtebau-Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer die Lohwaldbewohner mit eingebezogen. ,Das wurde sehr gut angenommen', sagte Preisträger Sebastian Appl.