Darmstädter Echo 11/10/04

Dort lang! Oder hier lang?
„MobilTräume“: Studenten weisen mit originellem Navigationssystem den Weg zu TU-Veranstaltungen


Knatternd zieht ein Doppeldecker in niedriger Höhe über den grauen Himmel, hinweg über die Hochhäuser der Technischen Universität (TU) an der Lichtwiese. Von dort können die Passagiere sicher die weißen Markierungen auf dem Boden sehen: Zwei Meter lange Kreuze markieren wie auf einer Luftaufnahme zentimetergenau die Schnittpunkte der Breiten- und Längengrade.
Für alle, die auf dem Boden geblieben und am Freitag zu den Veranstaltungen der TU zum „Jahr der Technik“ an der Lichtwiese unterwegs sind, gibt es originelle, leicht verständliche Orientierungshilfen. An jeder Kreuzung sind Pfeile auf den Boden gesprüht und der Besucher hat die Qual der Wahl. Will er „DORT LANG“ zur Besichtigung der neuen Versuchshalle für konstruktiven Ingenieurbau. „HIER LANG“ zu den Laborführungen bei den Materialwissenschaftlern oder „DA LANG“ zu den Präsentationen der Maschinenbauer?

„Das Präsidium der TU hatte die Befürchtung, dass die Besucher nicht zu den Veranstaltungen finden“, sagt Oliver Langbein vom „Office for subversive architecture“ (Osa). Gemeinsam mit Studenten der Geodäsie, des Maschinenbaus und der Architektur hat Osa in Workshops daher das clevere Orientierungssystem „Mapping“ getreu dem Veranstaltungsmotto „Mobilträume“ erarbeitet: TU-Gebäude wurden zu „DORT“ (Bauingenieurwesen), „HIER“ (Materialwissenschaft) und „DA“ (Maschinenbau).

Auf dem Weg von „DORT“ nach „HIER“ lässt ein roter Strich quer zum Weg die Besucher stutzen, aber auch schmunzeln: „DANEBEN“, steht auf dem Schild an einem Baum. „Uns war es wichtig, dass es auch einen humorigen Teil hat“, erklärt Anja Ohliger von Osa. Und wie kommen die Besucher bislang mit dem Orientierungssystem zurecht? „Das ist relativ idiotensicher“, sagt Langbein und ergänzt schelmisch – „ohne die Besucher beleidigen zu wollen“.

Nur einer hat dann doch Probleme, den Weg zu finden und wendet sich vertrauensvoll mit einer Karte an Langbein. „Ach, sie wollen zur Lehrerfortbildung“, sagt der. „Die gehören zu den wenigen, die sich unserem System entziehen“. Doch dem Mann kann geholfen werden, Langbein deutet ihm einfach per Hand den Weg. Da geht’s lang.

Und dann gibt es da noch eine „Störung im System“, wie Langbein Serklärt. Der Ausreißer ist das Gebäude der Architekten, denn das heißt heute „DANACH“. Hier steigt am Abend nämlich die große „MobilTräume“-Party. Spezielle Hinweisschilder dorthin – nicht zu verwechseln mit „DORT LANG“ – gibt es jedoch nicht. Laute Musik und helle Beleuchtung werde den Besuchern den Weg über die dunkle Lichtwiese schon weisen, sagt Langbein.

Lediglich von der Mobilität träumen können die beiden schrottreifen Autos, die dort im Foyer mit Lichtschläuchen dekoriert sind. Ihre Zeit ist schon fast abgelaufen – sozusagen ZU ENDE. Sie sind eine Entwurfsarbeit im Fachgebiet Raumgestaltung der Architekturstudenten Daniel Braun, Guido Kampf und Marco Eisenhauer. Die beiden Vehikel dienen zugleich als Partydeko, sollen die Atmosphäre eines Autokinos vermitteln, erklärt Braun. Von der Decke hängen zwei Leinwände herab. Video Jockey Frank Rückert (alias VJ ÜNN), lässt zum Rhythmus der Musik Videosequenzen ruckeln, projiziert Bilder von Menschen- und Verkehrsströmen, die scheinbar orientierungslos miteinander verschmelzen. Doch der VJ behält den Überblick: ÜNN steht für „Über Normalnull“.


Moritz Matthes
11.10.2004

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