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5. Dezember 2003, 02:19, Neue Zürcher Zeitung
Szenen und Netzwerke
holl. Die von den 68er Unruhen ausgelösten Gärungsprozesse, die bald
darauf folgende Ölkrise und der damit verbundene Wachstumsschock sowie
die Kritik an einem vor allem wirtschaftlichen Kriterien gehorchenden spekulativen
Bauen führten in den siebziger Jahren an den Hochschulen und in Kreisen
junger Architekten zu einer Verweigerungshaltung, welche die Lust am theoretischen
Hinterfragen der Baukunst weckte. Dieses Extrem wurde in den letzten zwei Dekaden
abgelöst vom eher populär ausgerichteten Schaffen von «Stararchitekten»,
die vor allem auf den Erfolg schielten. Heute führt der verbreitete Wunsch
nach spektakulären Bauwerken zusammen mit einem eingeladene Berühmtheiten
favorisierenden Wettbewerbssystem dazu, dass sich junge Architekten kaum noch
durchsetzen können. Gleichzeitig werden an den Hochschulen mehr Architektinnen
und Architekten denn je ausgebildet. Diese wählen nun aber nicht mehr die
Flucht in die praxiskritische Theorie, sondern in eine oft betont hedonistische
Diskussionskultur. Den neusten Tendenzen dieser «Off- Architektur»
spürt nun das jüngste Doppelheft der deutschen Architekturzeitschrift
«Archplus» unter den hippen Titeln «Szenen» und «Netzwerke»
nach. Im ersten Heft wird anhand von Beispielen aus Berlin, Hamburg, Köln,
Leipzig, München und Stuttgart dargestellt, wie sich «lose Arbeitsgemeinschaften»
bilden, aus denen durch die Öffnung der Büros, die mediale Vermittlung
eines vermehrt prozessual ausgerichteten Entwurfs und die Einbeziehung des interessierten
Publikums neue Szenen entstehen. Das zweite Heft präsentiert anschliessend
Beispiele dieser «Netzwerkkultur», die «im Off beginnt (.
. .) und sich durch die Abkehr von der Egomanie der Vätergeneration auszeichnet».
Dabei werden Zusammenschlüsse wie das «raumlabor.berlin»
oder das Office for Subversive Architecture (OSA),
aber auch Kleinbauten wie das mobile Atelierhaus «Cocobello» oder
das Jugendzentrum «Roter Drachen» in München vorgestellt sowie
ein Blick auf die neue Zeitschrift «An Architektur» (NZZ 13. 8.
03) geworfen.
[«Archplus»: Off-Architektur 1 (Szenen) und 2 (Netzwerke). Nr. 166
und 167. Berlin, Oktober 2003. Pro Heft Euro 14.-.]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung , 05.12.2003
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